Im Bereich der zeitgenössischen Kunst ist Bonn so etwas wie die kleine Schwester von Köln und Düsseldorf. Auch wenn es hier etwas ruhiger zugeht als in den beiden pulsierenden Kunstwelt-Metropolen: in Klasse steht sie ihren größeren Geschwistern in nichts nach. Warum für mich Bonn eine vielfältige Kunststadt ist mit starkem Engagement im Zeitgenössischem ist und was es hier zu entdecken gibt, möchte ich in diesem Artikel erzählen.
Als große Institution muss man zunächst das Kunstmuseum Bonn an der Museumsmeile erwähnen. In den reichen Sammlungsbeständen befindet sich eine große Sammlung deutscher Gegenwartskunst, die einen umfassenden Eindruck von der deutschen zeitgenössischen Kunst mit großen und richtungsbildenden Namen wie Katharina Grosse und Sigmar Polke vermittelt. Regelmäßige Wechselausstellungen zeigen international bekannte zeitgenössische KünstlerInnen, die nach Schwerpunkt des Museums aktuelle Diskurse in der Gegenwartskunst repräsentieren und zu gesellschaftlichen Themen Stellung beziehen. Bis zum 27.5. ist eine umfassende Werksschau von der Pionierin der Digitalfotografie Heidi Specker zu sehen, die mit besonderen Interesse und Gespür für Oberflächen, Muster, ihre Beschaffenheit vorgefundene Strukturen mit der Kamera erforscht und deren der Zeit unterworfene Veränderung bis zum Zerfall mit der Kamera dokumentiert.
Als weitere bedeutende Institution ist der Bonner Kunstverein zu nennen. 1963 gegründet hat er schon große Namen der Gegenwartskunst wie Anselm Kiefer und Hanne Darboven und Ed Atkins und Christopher Williams auf ihrem Weg in die internationale Kunst begleitet. Der Besuch hat etwas Aufregendes: die weiten und hohen Räume einer ehemaligen Blumenmarkthalle verbinden museale Qualitäten mit dem Flair eines Off-Spaces. Als Vergeber des Peter-Mertens Stipendium fördert der Bonner Kunstverein junge KünstlerInnen, darunter AbsolventInnen der Kunstakademie Düsseldorf wie 2017 das Duo Tobias Hohn und Stanton Taylor, das experimentelle Video- und Performanceprojekte im öffentlichen Raum konzipiert. Die Liste der Stipendiaten von Düsseldorfer und Kölner Kunsthochschulen zeigt auch die enge Vernetzung der Kunstzentren Düsseldorf, Köln und Bonn. Der Bonner Kunstverein ist einer der etablierten Stufen, von denen aus sich KünstlerInnen aus dem Rheinland international einen Namen machen. Bis zum 24.6. sind Malereien von Oliver Osborne, die durch die virtuose Kombination verschiedener Materialien Elemente der Abstraktion, Figuration und Appropriation vereinen, und eine Installation von Haley Tompkins zu sehen, die durch die Gegenüberstellung ihrer Ausdrucksmedien Malerei und Fotografie mit gefundenen Objekten den Prozess des Betrachtens und Erfahren von Raum hervorhebt.
Die zeitgenössische Kunstwelt in Bonn hat noch einen dritten Ankerpunkt: die Galerie Gisela Clement. Die Galerie betritt man wie ein modernes Museum: die großzügigen Räumlichkeiten befinden sich in einem eigens entworfenen Gebäude mit Innenhof und Freiflächen. Neben ,,klassischen“ zeitgenössischer Künstler wie Erwin Bechthold finden sich auch junge zeitgenössische KünstlerInnen im Programm der Galerie, wie der Skulpturen und Installationskünstler Timo-Kube und Kunstakademie Absolvent Martin Pfeifle, der skulpturale Interventionen im Innen- und Außenraum schafft. Als Forum für junge zeitgenössische Kunst realisiert die Galerie im regelmäßigen Turnus ambitionierte Ausstellungsprojekte wie Ende letzten Jahres ,,Carte Blanche“ mit dem bereits international etablierten Installations-Künstler Max Friesinger und dem Newcomer Felix Oehman, oder der humorvoll kontrovers angelegten Gruppenausstellung ,,Feminismus 3.0 – nackte Brüste, runde Hintern, freche Mäuler„. In beiden Ausstellungen wurde den KünstlerInnen eine große Freiheit hinsichtlich der einzubringenden Positionen gewährt. Der Einbezug externer Kuratorinnen und Kuratoren sowie begleitende Artist-talks regen im Rahmen der Ausstellungen immer wieder zur Diskussion an. Um diesen durchaus selbstkritischen Beitrag zur zeitgenössischen Kunst und der Förderung junger KünstlerInnen geht es der Galeristin.
Die Stadt Bonn mit ihren Institutionen und mannigfaltigen Programmen zur Förderung zeitgenössischer Kunst macht damit neben Düsseldorf und Köln das Bild des Rheinlandes als Kunstzentrum komplett. Ich freue mich in Zukunft mehr aus dieser Stadt und den vielfältigen Initiativen im Bereich zeitgenössische Kunst zu berichten und mit Tipps zum Verweilen in Cafés und anderen Orten abzurunden.